Fotos: Andre Walker
„Was sind Grundrechte?“, fragt Roaa Alshikhali, Flüchtige aus Syrien, in die Runde. Nachdenkliche Gesichter, Blättern in dem „Grundgesetz für Einsteiger“ von der Bundeszentrale für politische Bildung, eine Meldung. „Unsere Grundrechte finden wir im Grundgesetz und darin steht, was wir alles dürfen,“ antwortet ihr schließlich ihr Mitschüler Atakan Deniz. Nicht nur in dieser Klasse steht das Thema Grundgesetz heute auf dem Lehrplan.
Alle Lehrerinnen und Lehrer der Grund- und Gemeinschaftsschule Schwarzenbek haben für das Jubiläum besonderen Unterricht geplant und verschiedene Aspekte des Grundgesetzes unter die Lupe genommen. „Das muss einem schon klar sein, wie wichtig das Grundgesetz ist“, gibt Sandra Lausen, Lehrerin, zu bedenken. Gewusel in einer 5. Klasse, hier ist Partnerarbeit angesagt. Die Schüler*innen präsentieren verschiedene Kinderrechte. „Würdet ihr gern in einem Land leben, in dem es kein Recht auf Bildung gibt?“, fragt die Klassenlehrerin Julia Dahlem. Einer Meinung sind sich die Schüler*innen nicht. Keine Schule? Das wäre doch ziemlich cool. „Schule ist generell wichtig, sie ist ein Sprungbrett für das spätere Leben“, belehrt Wahide Hashemi, Schülerin der Klasse. Eine klare Ansage, die ihre Kritiker verstummen lässt.
Die persönliche Freiheit ist den Schülern und Schülerinnen einer 8. Klasse am wichtigsten. Aber ab wann ist die eigene Freiheit eingeschränkt? Das können sie in einem Rollenspiel mit der Theaterpädagogin Anja Walther am eigenen Leib spüren. Dabei stellen sie Szenen nach, bei denen sie erfahren, wie nah sie andere heranlassen mögen. Freiheit und Grundgesetz sind eng verbunden, erkennen sie, denn nach eigenen Angaben findet man sie gleich 25-mal in den 19 Artikeln unserer Grundrechte.
An einem solchen Tag liegt es nahe, dass sich die älteren Schüler*innen an Artikel 38 ausprobieren können. Schüler*innen der Klassenstufe 8 bis 10 sind aufgerufen, sich an der Juniorwahl zu beteiligen. Welcher Partei würden sie bei der Europawahl am kommenden Sonntag ihre Stimme geben? Eine Schlange mit wartenden Schülerinnen und Schülern aus den Klassen 8 bis 10 spielen mit ihrer Wahlbenachrichtigung und weisen den Weg zum Wahllokal im oberen Stockwerk. Freiwillige Helferinnen aus dem 10. Jahrgang haken die Wählenden auf ihrer Liste ab. Diese verschwinden mit ihren langen Stimmzetteln in eine der zwei Wahlkabinen, setzen ihr Kreuzchen und werfen ihn anschließend in die Wahlurne. Viele scheinen das aktuelle Video des 26-jährigen YouTubers Rezo gesehen zu haben. So hört man des Öfteren, dass man nicht vorhabe die CDU zu wählen und auch auf gar keinen Fall die AfD.
„Die Regierenden sagen häufig das, was nicht wahr ist, das müssen wir ändern,“ gibt Nils Kalins zu bedenken. Andere berichten, dass ihnen die gleiche Behandlung aller Menschen sehr am Herzen liege und natürlich steht das Thema Umwelt auch bei der Juniorwahl an oberster Stelle. Zwei Schülerinnen verweigern die Wahl, sie möchten ihren Lehrer testen, ob es sich hier wirklich um freie Wahlen handelt. „Eigentlich“, so geben sie zu, „sollte man ja wählen gehen, schließlich geht es hierbei um unsere Zukunft. Wäre das eine richtige Wahl, dann würde ich auch mitmachen“, gibt Anna-Maria Sintichaki, eine der zwei Mädchen, zu. Sie muss tatsächlich nicht wählen, Demokratie live eben. Das Gesamtergebnis der Wahl kann ab dem 26. Mai 2019 auf der Juniorwahlseite abgerufen werden.